Lehrer, die während des Holocaust Juden retteten
„Ihr Schicksal wird auch das meine sein“

Schwester Gertruda Stanisława Marciniak

Polen

Schwester Gertruda Stanisława Marciniak Schwester Gertruda Stanisława Marciniak

Schwester Gertruda Stanisława Marciniak, eine Elisabethinerin, absolvierte ein Lehramtsstudium und arbeitete in einem Waisenhaus in Grabie, wo sie schließlich zur Leiterin der Ortsschule ernannt wurde.

Zu Beginn der deutschen Besatzung wurde Schwester Gertruda festgenommen. Nach ihrer Freilassung im Herbst 1940 ging sie nach Warschau, später nach Świder, wo sie ein Waisenhaus und daneben ein Heim für tuberkulosekranke Mädchen einrichtete. Schwester Gertruda machte sich die Angst der Deutschen vor ansteckenden Krankheiten zunutze und verwendete das Heim, um Widerstandskämpfer und eine Gruppe von Kindern, die vom Warschauer Zachodni-Bahnhof aus deportiert werden sollten, zu verstecken.

Ein besonderer Akt des Mutes seitens der Elisabethinerinnen war es, jüdischen Kindern aus Otwock und Umgebung Unterschlupf zu gewähren, unter ihnen Marysia Osowiecka, Rutka (Ruth) Noj und Dan Landsberg. All diese Kinder hatten gefälschte Geburtsurkunden, die ihnen der Priester des Ortes, Ludwik Wolski, beschafft hatte.

Rose und Max Noj erinnerten sich, Schwester Gertruda habe zu ihnen gesagt, als sie Ruth bei ihr ablieferten: „Sobald ein Kind zu mir gekommen ist, wird sein Schicksal auch das meine“.

Dan Landsberg besuchte das Waisenhaus viele Jahre später und traf Schwester Gertruda auf dem Sterbebett an. Sie erzählte ihm, wie einmal die Nazis auf der Suche nach jüdischen Kindern in das Heim eingefallen seien. Dan sei damals noch sehr klein gewesen und habe nicht verstanden, was geschehe. Schwester Gertruda habe ihn mit ihrem Habit bedeckt und sei bewegungslos stehengeblieben, bis die Deutschen abgezogen seien. „So waren diese „Mütter der Besatzung“, die ihren jüdischen Kindern Zuflucht gewährten, sie schenkten uns jeden Tag von neuem das Leben“, erzählte Dan Yad Vashem.

Dans Mutter war in dem Waisenhaus aufgewachsen, das Janusz Korczak leitete. Sein Vater war Inhaber einer Baufirma gewesen. Er hatte das Haus der Familie gebaut, das im Krieg niederbrannte. Die ganze Familie wurde ins Ghetto Otwock verschlagen, doch bei dessen Auflösung war es seinen Eltern gelungen, zu entkommen und Dan in das Heim der Elisabethinerinnen zu schmuggeln. Dort erhielt er eine Geburtsurkunde auf den Namen Wojciech Płochowski. Nach einiger Zeit wurde Dan bei einer polnischen Familie untergebracht, bei der er den Krieg überlebte. Sein Vater und die meisten seiner Angehörigen waren ermordet worden, doch seine Mutter hatte überlebt und fand ihn nach der Befreiung. Später heiratete sie einen Polen, der ihr während des Krieges geholfen hatte. 1965 zog Dan nach Israel, wo er eine große Familie gründete.

Am 22. Juli 2007 wurde Schwester Gertruda Stanisława Marciniak von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern anerkannt.