Lichtflecke - Frau sein im Holocaust

Mutterschaft

Einführung

Etwa eineinhalb Millionen Kinder kamen im Holocaust ums Leben. Jedes von ihnen hatte Eltern, die hilflos danebenstanden und die Ermordung nicht abwenden konnten. Oftmals teilten die Mütter, die eng mit ihren Kindern verbunden waren, ihr Schicksal.

Eines der ersten Dilemmata, mit denen Familien konfrontiert waren, war die Suche nach einem sicheren Versteck insbesondere für die Kinder, solange dies noch möglich war. Die Eltern waren sich des hohen Risikos bewusst, ihre Kinder nie wieder zu sehen. Daher konnten viele die seelische Kraft, diesen Schritt zu wagen, erst dann aufbringen, als sie die unmittelbare Gefahr des sicheren Todes vor sich sahen. Viele Eltern konnten sich zu der schwierigen Entscheidung, ihre Kinder Anderen zu überlassen, auch dann nicht durchringen, wenn sie ein Versteck für sie in Aussicht hatten.

In den Ghettos waren Mütter mit dem täglichen Kampf ums Überleben beschäftigt. In erster Linie galt es, Essen aufzutreiben und für Hygiene zu sorgen, um Krankheiten abzuwehren. Schwangere Frauen dachten in den meisten Fällen, es wäre besser, abzutreiben. Sie wussten, dass sie in einer Zeit, in der sich die Familie ohnehin kaum am Leben erhalten konnte, das Neugeborene nicht ernähren und versorgen können würden. Trotzdem gab es hier und da auch Fälle, in denen gerade die Allgegenwärtigkeit des Todes den Wunsch in einer Frau freisetzte, neues Leben zur Welt zu bringen.

Mütter, die mit ihren Kindern in der Schlange zur Selektion standen, waren wohl die Einzigen, denen die Mörder eine Wahl anboten: nämlich die, gemeinsam mit ihren Kindern in den Tod zu gehen. In Momenten, die zu den schwierigsten der Geschichte der Menschheit gehören, wurden Kinder manchmal aus den Armen der wenigen Frauen gerissen, die für ein Weiterleben in Zwangsarbeit ausgewählt worden waren, und Großmüttern oder daneben stehenden Frauen übergeben, die mit ihnen in den Tod gingen. Inmitten von Gewalt und Terror entschieden sich einige Mütter, angetrieben von ihrem Überlebensinstinkt, gegen die akzeptierten sozialen Normen zu handeln, die Mutter-Kind- Beziehungen prägen. Andere Mütter hingegen beschlossen, mit ihren Kindern zu sterben, obwohl sie sich anders hätten entscheiden können - auch dies war eine Entscheidung, die in gewöhnlichen Zeiten nicht immer nachvollziehbar ist.