Zum jüdischen Neujahr

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Neujahrskarte der 12-jährigen Flore Henle an ihre Eltern Leopold und Jenny

Neujahrskarte der 12-jährigen Flore Henle an ihre Eltern Leopold und Jenny
Neujahrskarte der 12-jährigen Flore Henle an ihre Eltern Leopold und Jenny
Jenny und Leopold Henle an ihrem Hochzeitstag, circa 1919, Deutschland
Jenny und Leopold Henle neben ihrem Gartenzaun in Lehrensteinsfeld, 1938
Seiten aus Flore Henles deutschem Pass, den sie bei der Einwanderung nach Eretz Israel (Britisches Mandatsgebiet Palästina) verwendete
Flore Henle vor ihrer Einwanderung nach Eretz Israel, 10. Februar 1940, England

Flore Henle wurde 1920 im südwestdeutschen Dorf Lehrensteinsfeld als Tochter des Viehhändlers Leopold (Jehuda) Henle und seiner Frau Jenny (geb. Weil) geboren. Flore hatte einen Bruder, Albert (geb. 1909), aus Leopolds erster Ehe. Leopold war Landbesitzer und Viehhändler, und die Familie besaß ein Restaurant, das von Jenny geführt wurde. Familie Henle pflegte eine traditionelle jüdische Lebensweise.

11 Juden lebten 1933 in Lehrensteinsfeld. Nach dem Machtantritt der Nazis erlitt Leopold Henle schwere finanzielle Verluste. Schuldner verweigerten die Zahlung der geschuldeten Beträge. 1938 er wurde von den Nazis verhört und brutal misshandelt.

Albert wanderte 1936 nach Eretz Israel (Britisches Mandatsgebiet Palästina) aus. Flore verließ das Dorf und zog nach Stuttgart, wo sie Arbeit fand. 1938 besuchte Leopold seinen Sohn und kehrte voller Begeisterung nach Deutschland zurück. Ihre zunehmend prekäre finanzielle Situation zwang Leopold und Jenny Henle, ihr Haus weit unter Wert zu verkaufen. Sie packten ihre Sachen und bereiteten sich darauf vor, das Dorf zu verlassen, doch während des Novemberpogroms wurde ihr Haus geplündert und verwüstet. Leopold und Jenny zogen in eine kleine Wohnung in Ludwigsburg, während sich Flore zur Vorbereitung auf die Auswanderung nach Palästina einem Hachschara-Hof in Urfeld am Rhein anschloss. Im August 1939 gelang es ihr, nach England zu entkommen. Dort erhielt sie eine Einreisegenehmigung für Eretz Israel, wo sie im März 1940 auf dem Umweg über Ägypten eintraf. Leopold, der sich nie von der Misshandlung erholte, starb im August 1940. Die allein zurückgebliebene Jenny fand Arbeit im jüdischen Altenheim („Israelitisches Asyl“) in Sontheim.

Flore lernte in Eretz Israel Moshe Rothschild kennen, der 1935 aus Deutschland eingewandert war, und sie verlobten sich. Jenny und Flore korrespondierten miteinander, und als Jenny von der Verlobung ihrer Tochter erfuhr, schickte sie ihr Möbel und Bettwäsche aus Deutschland. Am 1. Dezember 1941 wurde Jenny Henle von Stuttgart aus nach Lettland deportiert. Im März 1942 wurde sie im Konzentrationslager Jungfernhof bei Riga ermordet.