Friling (Frühling)

Text: Shmerke Kaczerginski
Melodie: Abraham Brudno

Friling (Frühling)

„Friling“ wurde 1948 von Kaczerginski in seinem Buch „Lider fun di Getos un Lagern“ („Lieder aus den Ghettos und Lagern“, Text: S. 70, Melodie: S. 379) veröffentlicht. Außerdem erschien es in der Sammlung von Mlotek und Gottlieb „Mir sajnen do“ („Wir sind da“, 1983; S. 42) mit einer Übersetzung ins Englische und in „Min Hametzar“ („Aus der Enge“, 1987; S. 24-25) mit einer Übersetzung ins Hebräische.

Das Lied wurde nach dem Tod von Schmerke Kaczerginskis Frau Barbara Kaufman (Kaczerginski) im April 1943 im Ghetto Wilna geschrieben. Uraufgeführt wurde es im Theater von Wilna in dem Stück „Dos Yogenish in Fas“ („Unruhe im Fass“). Später verbreitete sich das Lied in den Konzentrationslagern, und es wurde auch nach dem Krieg noch gesungen. Durch seine Verwendung in Joshua Sobols erfolgreichem Schauspiel „Ghetto“, das sich mit dem Thema Theater und Musik im Ghetto Wilna auseinandersetzt, erreichte das Lied später eine gewisse Popularität.

Ein Liebender sucht seine Geliebte auf den Straßen und Gassen des Ghettos, kann sie jedoch nicht finden. Er bittet den Frühling, ihm seinen Schmerz zu nehmen und ihm sein Glück, seine Geliebte, zurückzubringen. Tag für Tag geht der Liebende auf dem Weg zur Arbeit an dem Tor vorbei, das ihm seine Begegnungen dort mit der Geliebten ins Gedächtnis ruft. Der Frühling ist gekommen, und alles blüht, doch die Sehnsucht des Liebenden wird nur stärker und lässt ihm keine Ruhe. In seiner Vorstellung sieht er die Geliebte freudig und mit Blumen geschmückt ihm entgegenkommen.

Die Melodie des Liedes steht ihm Tango-Rhythmus. Die Verwendung des Tangos in Liebesliedern war in der jüdischen Kultur zwischen den Weltkriegen wie auch in anderen Kulturen nicht unüblich. Die Melodie verbindet Vergangenheit und Zukunft und hebt den Gegensatz zwischen ihnen hervor.

Aus den Aufnahmen der Zentralen Jüdischen Historischen Kommission, München 1946.

01. Shmerke Kaczerginski
03:55
02. Betty Segal
03:55

Ikh blondzhe in geto
Fun gesl tsu gesl
Un ken nit gefinen keyn ort:
Nito iz mayn liber, vi trogt men ariber?
Mentshn, o zogt khotsh a vort.
Es laykht af mayn heym itst
Der himl der bloyer
Vos zhe hob ikh itst derfun?
Ikh shtey vi a betler
Bay yetvidn toyer
Un betl – a bisele zun.

Friling, nem tsu mayn troyer,
Un breng mayn libstn,
Mayn trayer tsurik.
Friling, af dayne fligl bloye,
O nem mayn harts mit
Un gib es op mayn glik.

Ikh gey tsu der arbet
Farbay undzer shtibl,
In troyer – der toyer farmakht.
Der tog a tsehelter,
Di blumen farvelkte,
Zey vyanen – far zey iz oykh nakht.
Far nakht af tsurikvegs,
Es noyet der troyer,
Ot do, hostu, libster, gevart.
Ot do inem shotn
Nokh kentik dayn trot iz,
Flegst kushn mikh liblekh un tsart.

Friling, nem tsu mayn troyer...

S'iz hayyor der friling
Gor fri ongekumen.
Geblit hot zikh benkshaft nokh dir.
Ikh ze dikh vi itster
Balodn mit blumen,
A freydiker geystu tsu mir.
Di zun hot fargosn
Dem gortn mit shtraln
Tseshprotst hot di erd zikh in grin.
Mayn trayer mayn libster
Vu bistu farfaln?
Du geyst nit aroys fun mayn zin.
Friling...