BESA: Ein Ehrenkodex
Muslimische Albaner retten Juden während des Holocaust

„Unsere Eltern waren fromme Muslime und glaubten wie wir auch, dass „jedes Klopfen an der Tür ein Segen Gottes“ ist. Wir haben nie Geld von unseren jüdischen Gästen genommen. Alle Menschen sind von Gott. Besa existiert in jeder albanischen Seele."
Von links nach rechts: Hamid Veseli, Xhemal Veseli
Von links nach rechts: Hamid Veseli, Xhemal Veseli
Fotograf: Norman H. Gershman

Die Brüder Hamid und Xhemal Veseli

Unser verstorbener Bruder Refik war der erste, der von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern anerkannt wurde. Jetzt haben wir beide dieselbe Ehre dafür erfahren, dass wir die Famile von Joseph Ben Joseph und die Familie Mandil aufgenommen haben. Unter italienischer Besetzung arbeitete Joseph für mich (Hamid) in meinem Bekleidungsgeschäft, Moshe Mandil arbeitete in dem Fotostudio unseres Bruders Refik. Beide Familien waren Flüchtlinge aus Jugoslawien.

Als im Jahr 1943 die deutsche Besetzung begann, wurden die beiden jüdischen Familien in unser Haus in Krujë gebracht. Xhemal ging mit den Eltern Tag und Nacht 36 Stunden lang, um unser Haus zu erreichen. Wir kleideten sie wie die Leute vom Dorf. Zwei Tage später transportierten wir die Kinder nach Krujë. Tagsüber versteckten wir die Erwachsenen in einer Höhle in den Bergen. Die Kinder spielten mit anderen Kindern im Dorf. Alle Nachbarn wussten, dass wir Juden versteckten. Eines Tages durchsuchten die Deutschen das Dorf. Sie gingen von Haus zu Haus und suchten nach einem Gewehr, das verloren gegangen war. Sie haben das Gewehr nie gefunden und exekutierten den Soldaten, der es verloren hatte.

Wir haben die Juden neun Monate lang bei uns versteckt, bis zur Befreiung. Wir haben jeden Kontakt mit der Familie Ben Joseph verloren. Sie haben Jugoslawien zu früh verlassen, und wir befürchteten, dass die Deutschen sie auf dem Rückzug ermordet haben. Die Familie Mandil ist ebenfalls in ihr Heim in Jugoslawien zurückgegangen. Unser Bruder Refik hat sie nach dem Krieg besucht und hat mit Moshe Fotografie studiert. Die Familie Mandil ist später nach Israel ausgewandert.

Viermal haben wir Albaner unsere Tür geöffnet. Das erstemal für die Griechen während der Hungersnot im Ersten Weltkrieg, dann für die italienischen Soldaten, die in unserem Land ankamen, nachdem sie sich den Alliierten ergeben hatten, dann für die Juden während der deutschen Besetzung, und in jüngster Zeit für die albanischen Flüchtlinge aus dem Kosovo, die auf der Flucht vor den Serben waren. Nur die Juden haben uns ihre Dankbarkeit erwiesen.

Erzählt von Hamid Veseli und Xhemal Veseli.

Am 23. Mai 2004 wurden die Brüder Hamid und Xhemal Veseli von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern anerkannt.