„Vergiss-mein-nicht"- Poesiealben von Kindern aus der Zeit des Holocaust

Ester Goldstein


Ester Goldstein wurde 1926 in der Joachimstraße in Berlin geboren. Obwohl ihre Eltern, David und Blima, erst 2 Jahre zuvor aus Polen nach Deutschland eingewandert waren, sprachen sie mit ihren Kindern – Ester, Margot und Heinz (Chaim) - deutsch. Ihr Vater arbeitete als Gärtner in Weißensee auf dem ältesten jüdischen Friedhof in Berlin und ihre Mutter war Hausfrau. Ester wuchs in einem traditionellen und  koscheren sowie modernen Haushalt auf.

Während ihrer Schulzeit lernte Ester viel über deutsche Literatur. Sie gab ihrer kleinen Schwester Margot ihr Lehrbuch über klassische deutsche Poesie. Ester rezitierte aus dem Gedächtnis Goethe und Schiller, während ihre Schwester Margot ihre Genauigkeit prüfte. Noch 60 Jahre später erinnerte sich Margot während eines Videointerviews an einige Stellen der Texte, die Ester damals aufgesagt hatte.

1938 versuchte Familie Goldstein, aus Deutschland zu emigrieren. Obwohl ihr Vater David einen Pass und Ester sogar eine Ausreisegenehmigung erhalten hatten, blieb ihnen die Auswanderung verwehrt. Im Juni 1939 wurde Margot nach Australien geschickt. Ihr Vater wurde Ende des gleichen Jahres im Konzentrationslager Sachsenhausen interniert und ein Jahr später nach Dachau geschickt, wo er ums Leben kam. Ester und ihre Mutter Blima wurden zum Zwangsarbeitseinsatz in Berlin eingeteilt. Im März 1943 wurden Esters Bruder Heinz und ihre Mutter nach Auschwitz deportiert und ermordet.

David Werner, Esters Cousin, überlebte Auschwitz und gelangte nach dem Krieg zum Haus der Familie Goldstein in Berlin. Dort überreichte ihm die Nachbarin eine Kiste mit Dokumenten, die sie während der Kriegsjahre aufbewahrt hatte. Darunter befand sich auch das Poesiealbum von Ester. David schickte es weiter an Margot, die es 2006 Yad Vashem überreichte.

In dem Album finden sich Eintragungen von Esters Freunden, Familienmitgliedern und Lehrern sowie Bilder ihrer Familie. Viele der Schreibenden drücken ihre Verbundenheit zu ihren Familien und dem Judentum aus. Die erste Eintragung in dem Poesiealbum stammt aus dem Jahr 1937, als Ester 11 Jahre alt war. Der letzte Vermerk stammt vom 16. September 1942, ungefähr einen Monat, bevor sie nach Riga deportiert wurde, wo sie ums Leben kam.

Margot reichte Gedenkblätter im Andenken an ihre Eltern Blima und David, ihre Schwester Ester und ihren Bruder Heinz ein.